Mitgliederversammlungen in CORONA

Corona

Grundsätzlich sollte die Entscheidung über den Modus oder einer Absage der Mitgliederversammlung im Vorstandsgremium diskutiert, entschieden und auch in Form eines Protokolls dokumentiert werden. Bei der Entscheidung zur Durchführung von Mitgliederversammlungen sind folgende Schritte zu prüfen:

1. Wenn in den Satzungen keine anderweitige Regelungen vorhanden sind – was meist so ist – bleibt es bei dem Grundsatz, dass Mitgliederversammlungen unter persönlicher Beteiligung der Mitglieder als Präsenzveranstaltungen stattzufinden haben (§ 32 Abs. 1 Satz 1 BGB); auf diese Weise findet der für demokratische Entscheidungen erforderliche Diskussionsprozess der Mitglieder statt. Nachdem das CORONA-Gesetz vom März 2020 unter dem gesetzlichen Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit steht, wenn es um Eingriffe in die Autonomie der Vereine geht und lediglich garantiert werden soll, dass Vereine handlungsfähig bleiben, gilt es Zurückhaltung zu üben.

2. Wenn in der Satzung eine jährliche Versammlung vorgeschrieben ist und die Durchführung möglich ist, ohne gegen staatliche Auflagen wegen CORONA zu verstoßen, bleibt es bei der generellen Pflicht einer Präsenzveranstaltung.

3. Nach den derzeitigen Vorgaben ist es in Bayern zulässig, Vereinsveranstaltungen im Innenraum unter Berücksichtigung der Abstands- und Hygienevorschriften mit bis zu 100 Teilnehmern durchzuführen. Maßgeblich für die „100“ sind alle teilnahmeberechtigten Mitglieder und nicht nur die, die sonst üblicherweise kommen. Sollte sich an diesen staatlichen Vorgaben etwas ändern, steht das Gesetz über der Satzung, die vorgeschriebene Versammlung wäre dann nicht durchführbar.

ACHTUNG: Regional kann es aufgrund der Inzidenzzahlen zu Abweichungen von den „100“ Personen kommen (wie derzeit in München).

4. Maßgeblich für die Einhaltung der personenmäßigen Begrenzung ist die Anzahl der teilnahmeberechtigten Mitglieder*), andernfalls wären Beschlüsse unwirksam, weil bestimmte Mitglieder von der Möglichkeit der Teilnahme ausgeschlossen würden, es könnte ja sein, dass gerade jetzt wegen der aktuellen Tagesordnung plötzlich 150 kommen. Insoweit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass wie bisher nur 40 kommen.

5. Sollten bei Durchführung der Präsenzveranstaltung einzelne Mitglieder nicht daran teilnehmen (wollen oder können), kann der Vorstand nach dem CORONA Gesetz auch abweichend von § 32 BGB diesen Mitgliedern die Möglichkeit einräumen, ihre Stimme vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.

6. Soweit nach den staatlichen Vorgaben eine Präsenzveranstaltung nicht in Betracht kommt, weil z.B. die Abstandsregelungen nicht eingehalten werden können oder die Mitgliederzahl zu groß ist, gibt das CORONA-Gesetz die Möglichkeit, Online-Versammlungen durchzuführen, an denen sich die Mitglieder dann auf elektronischem Weg beteiligen können. Die Einberufungsmodalitäten für die Online-Versammlung, ebenso die Beschlussmehrheiten unterscheiden sich dabei nicht von den in der Satzung geregelten Vorgaben für die Präsenzveranstaltung.

7. Die Raumauswahl richtet sich auch nach wirtschaftlichen Gegebenheiten. Das bedeutet, wenn die bisherige Lokalität die Hygiene-Vorgaben nicht garantieren kann und in der Abwägung der Kosten für eine andere Lokalität im Vergleich zum "Beschlussbedarf" kein Verhältnis besteht, dann kann sich der Vorstand gegen eine Präsenzversammlung aussprechen. Dann bietet das Gesetz die Alternative einer Online-Versammlung oder notfalls statt der Versammlung auch das Umlaufverfahren.

8. Ist nach dieser Stufenprüfung auch eine Online-Versammlung nicht durchführbar, weil beispielsweise die technischen Voraussetzungen nicht geschaffen werden können oder bei den Mitgliedern fehlen und daher eine elektronische Kommunikation oder vorherige schriftliche Stimmabgabe ausscheidet, bietet das CORONA Gesetz die Möglichkeit, wiederum abweichend von § 32 Abs. 2 BGB statt der (Online-)Versammlung ein schriftliches Umlaufverfahren durchzuführen.

9. In diesem Verfahren können alle Beschlüsse einschließlich Wahlen durchgeführt werden, die sonst in einer Versammlung gefasst werden. Vorgabe ist allerdings, dass sich alle Mitglieder daran beteiligen können, mindestens 50% ihre Stimme abgeben bis zu einem festen Termin, dies in Textform (oder auch schriftlich) machen und dann die erforderliche Mehrheit für den Beschluss erzielt wird.

10. Diese Ausnahmeregelungen gelten für alle Mitgliederversammlungen, die in 2020 hätten durchgeführt werden müssen. Wenn diese danach zulässigerweise verschoben werden, dann sind sie bis spätestens Ende 2021 nachzuholen, so jedenfalls die Geltungsdauer des derzeitigen Gesetzes.

11. Für die Vereine ist daher zu beachten, dass das CORONA Gesetz lediglich die Handlungsfähigkeit des Vereins sicherstellen will und eine Verlegung der Präsenzmitgliederversammlung, die nach der Satzung für 2020 vorgesehen ist, nur in Betracht kommt, wenn oben beschriebener Stufenplan geprüft wird.

 

*) Teilnahmeberechtigte Mitglieder sind evtl. mehr als die stimmberechtigten Mitglieder, wenn zum Beispiel Minderjährige oder Ehrenmitglieder kein Stimmrecht aber Teilnahmerecht haben.

 

September 2020

Basierend auf einer Ausarbeitung von Rechtsanwalt Richard Didyk